Als schwerpunktmäßig im medizinischen Versicherungsrecht tätiger Rechtsanwalt betreue ich seit mehr als 15 Jahren Mandate (auch) mit dem Krankheitsbild der chronischen Borreliose, in der Regel Erstattungsansprüche gegenüber Krankenversicherungen und Leistungsansprüche aus der privaten oder gesetzlichen Unfallversicherung.
Hierbei fällt mir immer wieder auf, dass die Thematik der chronifizierten Borreliose polarisiert, wie kaum ein anderes Krankheitsbild.
Zwar besteht im medizinischen Versicherungsrecht – wegen der fehlenden ärztlichen Sachkunde der erkennenden Gerichte – grundsätzlich ohnehin schon die Tendenz, sich der Verantwortung für das Verfahrensergebnis dadurch zu entledigen, dass das Ergebnis des gerichtlich bestellten Sachverständigen reflektionslos übernommen wird.
Sofern der betreuende Rechtsanwalt dem Gerichtsgutachter nicht die richtigen Fragen stellt und konsequent auf Widersprüche innerhalb des Gutachtens selbst oder auf Unvereinbarkeiten mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder anderen (Privat-)Gutachten, hinweist, findet die sachverständige Bewertung regelmäßig 1:1 Eingang in das jeweilige Urteil und der Gutachter wird zum berühmten „Richter in Weiß“.
Bei der chronischen Borreliose wirkt sich dieses Phänomen allerdings besonders stark zu Lasten der Patienten aus:
Nach meiner Erfahrung haben nämlich vergleichsweise wenig ärztliche Gutachter auch aus klinisch-praktischer (Behandler-)Sicht ausreichend Erfahrung mit der Krankheit (und dozieren nicht nur gleichsam aus dem Elfenbeinturm über das Thema).
Die verbleibende – weit überwiegende – Mehrzahl der für eine gerichtliche Sachverständigenbegutachtung in Betracht kommenden Ärzte hingegen zieht sich seit jeher regelmäßig hartnäckig auf die Position zurück, dass – und zwar unabhängig vom betroffenen Organismus und seiner immunologischen Vorgeschichte – etwaige Erreger stets bereits durch eine einmalige Antibiose hinreichend eliminiert wären, weshalb nach adäquater (Leitlinien-)Therapie per se keine infektionsbedingten Beschwerden (mehr) auftreten können; im Übrigen fehle es an jeglichen Wirksamkeitsnachweisen für alle andere als antibiotische Therapien.
Aus meiner Sicht besteht hier eine erhebliche Diskrepanz zu den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die mittlerweile selbst das Europäische Parlament kritisiert hat.
In seinem umfangreichen Entschließungsantrag zur Lyme-Borreliose bereits vom 05. November 2018 zu Az. 2018/2774(RSP), B8-0514/2018, führt es wörtlich aus, dass „Ärzte oft überholten Empfehlungen zur Lyme-Borreliose folgen, die den neuesten Forschungsergebnissen nicht ausreichend Rechnung tragen“ (Erwägungsgrund R des Entschließungsantrages zur Lyme-Borreliose vom 05. November 2018 zu Az. 2018/2774(RSP), B8-0514/2018).
Viel zu oft wird auch aufgrund unzureichender Labordiagnostik bereits die Erkrankung als solche negiert, was durch die Beweisschwierigkeiten aufgrund des oft längeren Zeitraumes zwischen Infektion und Manifestation der klinischen Symptome nicht gerade förderlich für die Position der klagenden Patienten ist. Auch hier hat das Europäische Parlament bereits 2018 ausdrücklich gefordert, dass „verstärkt klinische Untersuchungen eingesetzt werden sollten, so dass Ärzte selbst dann eine Lyme-Borreliose diagnostizieren können, wenn die serologischen Untersuchungen negativ sind, um darauf hinzuwirken, dass die Patienten keinem Therapiestillstand ausgesetzt sind“ (Erwägungsgrund Nr. 14 des Entschließungsantrages zur Lyme-Borreliose vom 05. November 2018 zu Az. 2018/2774(RSP), B8-0514/2018)
Führt man sich vor Augen, dass sämtliche der momentan zur Verfügung stehende labordiagnostischen Methoden überhaupt nur weniger als ein Drittel (!) der bekannten Borrelienstämme erfassen können (nämlich momentan nur sechs von mehr als 20 bekannten Stämmen) ist die Forderung des Europäischen Parlamentes nach mehr Untersuchungen der klinischen Symptomatik schlichtweg zwingend.
Da ich oft enttäuscht und verärgert über den gedanken-, teilweise auch rücksichtslosen Umgang von Gerichten und Sachverständigen mit dem doch recht brisanten Thema bin und weil mir auch die langjährige Erfahrung immer mehr bewusst wird, was für ein ausgeprägtes Informationsbedürfnis diesbezüglich besteht, habe ich hier eine Checkliste mit den wichtigsten Maßnahmen zur rechtlichen Absicherung (womöglich) bestehender Ansprüche zusammengestellt.
Auch arbeite ich zusammen mit einem betroffenen Patienten und einem erfahrenen, auf das Thema spezialisierten Labormediziner an einem überblicksartigen Ratgeber, der bald – kostenfrei – als ebook heruntergeladen werden kann.
Für weitere Anregungen zu diesem Thema per E-Mail an Breitkreutz(at)Dr-Breitkreutz.de bin ich stets dankbar.