Vortrag von Dr. Frank Breitkreutz am 10. Mai 2014 in Berlin (Patienten-Arzt Forum 2014 der GfbK)
Neulandverfahren und unkonventionelle Behandlungsmethoden, biologische, integrative, naturheilkundliche oder komplementärmedizinische Therapien: Unbeschadet der Begrifflichkeiten zeichnen sich diese Verfahren dadurch aus, dass sie von den im Medizinrecht dominierenden „allgemein anerkannten“ Grundsätzen abweichen.
Jedes Abweichen von (Behandlungs-)Standards wiederum verursacht – bei allen Beteiligten – Unsicherheiten, die mit der Erheblichkeit des Abweichens zunehmen:
- Der ohnehin nicht selten orientierungslose Patient fragt sich, ob er die oft mit Nachdruck „angebotene“ Leitlinientherapie durch biologische Verfahren ergänzen oder gar gänzlich ersetzen darf.
- Der Behandler hingegen ist ebenfalls unsicher, ob und wann unkonventionelle Behandlungsansätze haftungs- oder gar berufsrechtliche Konsequenzen haben können. Hier handelt es sich um Fragen, die immerhin seine berufliche Existenz betreffen können.
Die rechtliche Lösung liegt im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmungsrecht und Therapiefreiheit: Das aus der verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmung fließende Recht auf freie Arztwahl ermöglicht dem Patienten die Therapie bei dem für ihn „richtigen“ Behandler, sei es auch erst nach einem Arztwechsel. Der Arzt wiederum kann (und sollte) zwar auf die in vorhandenen Leit- und Richtlinien enthaltene Erfahrung zurückgreifen, ist diesen Vorgaben jedoch wegen der auf seiner Seite bestehenden Therapiefreiheit in keiner Weise verpflichtet: Sehr wohl kann er im begründeten Einzelfall von der Standardtherapie abweichen.
Der Vortrag skizziert die wesentlichen Aspekte dieser beiden rechtlichen Grundsätze unter Darstellung der jeweiligen Rechte und Pflichten im gegenseitigen Spannungsfeld – nicht ohne auf die aktuellen faktischen Einschränkungen der Rechtspositionen einzugehen, vor allem in Gestalt der nicht immer gesicherte Kostenerstattung sowie zunehmender „Rationalisierungsabkommen“ zwischen großen (Arzthaftplicht-)Versicherern und Krankenhausträgern.