Im Streit um die Korruptionsstrafbarkeit von Ärzten hat der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshof bekanntlich im März 2012 eine Lanze für die Ärzteschaft gebrochen: Nehmen niedergelassene Vertragsärzte Bestechungsgelder an, so der BGH, bleibe dies grundsätzlich straflos.
Das überfällige Machtwort hat zu einer massiven Kritik in der Öffentlichkeit geführt, die sich nicht zuletzt in Presseartikeln wie „Bestechende Aussichten für Mediziner“ (Berliner Zeitung vom 17.06.2012) äußerte. In der Folge kam es trotz der deutlichen Positionierung durch den BGH zu einem beunruhigenden Ermittlungseifer im Bereich des Gesundheitswesens. Nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ wollten sich viele Staatsanwaltschaften offenbar nicht mit dem berechtigten Hinweis des BGH abfinden, es sei allein Aufgabe des Gesetzgebers, nicht hingegen der Rechtsprechung, Strafwürdigkeitserwägungen über korruptes Ärzteverhalten anzustellen.
Mit teilweise abenteuerlichen Konstruktionen und unter erheblicher Strapazierung klassischer, für das medizinische Korruptionsstrafrecht nur bedingt ausgelegter Straftatbestände scheinen die Staatsanwaltschaften aktuell ein neues Kapitel der Arztverfolgung schreiben zu wollen. Vor allem Rückvergütungen unterschiedlichster Couleur, neudeutsch auch als „kick-backs“ bekannt, sind einmal mehr in das Visier der Behörden gerückt. Derartige Modelle wiederum sind aufgrund unglücklicher gebührenrechtlicher Entwicklungen und behandlungsbedingter Praxisbesonderheiten in der Komplementärmedizin nicht gerade selten anzutreffen.
Dies bietet Anlass für einen sensibilisierenden Beitrag, der allerdings angesichts der aktuellen Beurteilungsunsicherheiten und der Komplexität des Themas nur fragmentarischen Charakter haben kann. Zumindest ein Hinweis auf die wichtigsten straf- und berufs- rechtlichen Grenzen ist aus Sicht des Verfassers jedoch dringend notwendig. Nach Darstellung der Ausgangssituation (I.) werden die wichtigsten strafrechtlichen (II.) und berufsrechtlichen (III.) Grenzen sowie deren aktuelle Auslegung aufgezeigt. Die wichtigsten Grundregeln zur juristischen Absicherung beenden den Beitrag (IV).