Das Problem:
Leistungsprüfungen in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung sind durch die Notwendigkeit sowohl von medizinischer als auch von beruflicher Sachverhaltsaufklärung (und nicht zuletzt auch durch die hiermit verbundenen Bearbeitungszeiten der behandelnden Ärzte) oft recht langwierig.
Dies gilt vor allem dann, wenn der Versicherer eigene Ärzte mit der sachverständigen Bewertung beauftragt:
Ich selbst habe nicht wenige Leistungsverfahren betreut, in denen zwischen dem Untersuchungstermin beim Versicherungsgutachter und dem Eingang des Gutachtens mehr als sechs Kalendermonate (!) verstrichen.
In der Praxis vergehen daher zwischen Leistungsantrag und Leistungsentscheidung fast immer mindestens sechs Monate; in Einzelfällen dauern Leistungsverfahren auch mehr als ein Kalenderjahr.
In diesem Zeitraum kann es natürlich zu Veränderung des gesundheitlichen Zustands kommen, der – nämlich bei einer deutlichen Verbesserung – durchaus auch zu einem Wegfall der Berufsunfähigkeit führen kann.
Hier stellt sich dann regelmäßig die Frage, ob und in welchem Umfang Leistungsansprüche für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume geltend gemacht werden können.
In einer solchen Konstellation konnte ich kürzlich eine erfreuliche Leistungsentscheidung erwirken:
Der Sachverhalt:
Meine an einer akuten Belastungsstörung (ICD–10: F 43.0G) erkrankte Mandantin betrieb das Leistungsverfahren zunächst selbst.
Sie wurde allerdings vom Versicherer durch immer wieder neue „häppchenweise“ Nachfragen so frustriert, dass sie mich im Verlaufe der Erstprüfung mit der Durchsetzung ihrer Forderung beauftragte.
Seit ihrem Leistungsantrag vor einigen Monaten hatte sich allerdings ihr gesundheitlicher Zustand deutlich verbessert, weshalb eine erfolgreiche Wiedereingliederung in das Erwerbsleben gelang und sie zwischenzeitlich wieder uneingeschränkt ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen konnte.
Insoweit galt es nun, den Versicherer davon zu überzeugen, dass trotz der mittlerweile (voll) wiederhergestellten Belastbarkeit seinerzeit eine derart gravierende Krankheitssituation vorlag, welche die Prognose einer dauerhaften Erwerbsunfähigkeit rechtfertigte.
Eine solche Argumentation wirkt zunächst kontraintuitiv:
Mit der – vertraglich geschuldeten – Information, dass keine krankheitsbedingte Beeinträchtigung (mehr) vorliegt und die Arbeitskraft wiederhergestellt ist, liefert man dem Versicherer ja regelmäßig eine „Steilvorlage“ für die gegenteilige Argumentation, dass die Beeinträchtigung ja so gravierend doch nicht gewesen sein kann; anderenfalls könne ja wohl kaum eine derart zügige Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit gelingen.
Angesichts der prozessualen Beweislastverteilung ist diese Vorgehensweise nur dann erfolgversprechend, wenn und soweit die Krankheitsgeschichte durch aussagekräftige fachärztliche Bewertungen gut aufbereitet ist.
In diesem Fall besteht eine realistische Chance, den Versicherer durch den Hinweis auf das (angesichts der vorliegenden fachärztlichen Befunde ja durchaus reale) Prozesskostenrisiko zu einer außergerichtlichen Einigung dergestalt zu bewegen, dass rückwirkend volle Leistungen wegen Berufsunfähigkeit erbracht werden und der Versicherte wegen seiner erfolgreichen Wiedereingliederung im Gegenzug in diesem (wichtig: und nur in diesem) Leistungsverfahren auf weitere Ansprüche verzichtet (künftige Ansprüche müssen natürlich versichert bleiben).
So gelang es auch in diesem Fall:
Ich habe ein Anspruchsschreiben an den Versicherer vorbereitet, in welchem ich zunächst über die – für ihn erfreuliche – Nachricht informierte, dass angesichts der erfolgreichen Wiedereingliederung mittlerweile keine Berufsunfähigkeit mehr besteht und wir deshalb seit Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen.
Gleichzeitig habe ich darauf hingewiesen, dass in rechtlicher Hinsicht der für die Beurteilung relevante Zeitpunkt die Einreichung des Leistungsantrags (und nicht die erfolgreiche Wiedereingliederung) ist und dass die akute Belastungsreaktion seinerzeit einen derart gravierenden Verlauf aufwies, dass man zum damaligen Zeitpunkt durchaus von einer dauerhaften Erwerbsminderung ausgehen musste.
Dies, so teilte ich weiter mit, würde wohl auch ein gerichtlich bestellter Sachverständiger so einschätzen, was dann allerdings mit signifikanten Mehrkosten für den Versicherer verbunden wäre.
Insgesamt sei aus meiner Sicht daher eine vergleichsweise außergerichtliche Klärung der Angelegenheit vorzugswürdig.
Der Versicherer schätzte die Lage ähnlich ein, so dass allen Beteiligten ein langwieriger Rechtsstreit mit umfangreicher medizinische Beweisaufnahme erspart blieb, meine Mandantin für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum volle Leistungen erhielt und wir im Gegenzug dieses Leistungsverfahren für beendet erklären konnten.
Insgesamt ein schöner und – vor allem – ein vergleichsweise schneller Erfolg …